Dienstag, 22. November 2016

Wie in Indien geheiratet wird

Auf mehreren Hochzeiten gleichzeitig tanzen geht nicht?- Und ob! In den letzten beiden Monaten hatten wir nämlich das große Glück, gleich auf zwei solcher Feierlichkeiten eingeladen zu sein.
Die Hochzeit ist eines der wichtigsten, wenn nicht sogar DAS Lebensereignis eines Inders/einer Inderin, da ist es durchaus üblich zwischen 500-2000 Gäste einzuladen, auch wenn es „nur“ die Volunteers aus
dem Büro des Bruders sind, wie in unserem Fall bei Hochzeit Nummer eins.

Bei dieser handelte es sich um eine hinduistische Hochzeit, welche in der Regel ein oder zwei Tage, aber auch bis zu einer Woche dauern kann. Wir waren bereits schon am Abend vor der eigentlichen Hochzeit in das Haus der Braut eingeladen, wo die Familie und engsten Verwandten und Freunde zahlreiche Riten und Pujas (Gebetszeremonien) rund um die Braut durchführten.
So wurden ihre Hände und Arme unter anderem mit Hennafarbe verziert und eingeölt, sowie sie und ihre Schwiegermutter gemeinsam mit Reis beworfen und anschließend mit gesegnetem Wasser begossen, um symbolisch ein gutes Verhältnis zwischen den beiden zu schaffen.
Auch ein Besuch des Tempels durfte nicht fehlen, der die ganze Zeit von musikalischer Untermalung begleitet wurde.
Spät am Abend fuhren dann alle Gäste in die sogenannte „Marriage hall“, eine große hotelähnliche Anlage mit Festsaal, Unterkünften für die Hochzeitsgesellschaft und einem riesigen Speisesaal, wo noch ein Abendessen serviert wurde.


Am nächsten Morgen hieß es früh aufstehen und sich mit der Hilfe einer indischen Freundin aus dem Office in unsere extra für diesen Anlass gekauften Saris zu kleiden. In den vorher geplanten 15 Minuten war dies dann allerdings doch nicht getan und nach vier mal neu wickeln, 12 Händen und zweieinhalb Stunden später saßen unsere Gewänder und jede ihrer Falten endlich perfekt! Nach einem kurzen Frühstück gingen wir in die große Festhalle, wo auf einer Bühne das Brautpaar und ein Priester sämtliche Hochzeitsrituale vollzogen. Diese hier alle aufzuführen und zu erläutern, würde allerdings vermutlich den Rahmen sprengen, außerdem wissen wir leider zu wenig über die genauen Bedeutungen und Hintergründe, da wir die Braut nicht persönlich kennen und nur zwei weitere unter mehreren hundert Gästen waren.
Ein letztes dieser Rituale war zum Beispiel das gegenseitige Umhängen von Blumenketten, das in etwa dem uns bekannten Ringtausch gleich kommt. Nachdem alle Gäste grüppchenweise dem Brautpaar ihre Geschenke übergeben und ein Foto mit diesem gemacht hatten, ging es in den Speisesaal, wo ein für diesen Anlass typisches, mehrgängiges Mittagessen auf Bananenblättern serviert wurde. Gegen späten Nachmittag verließen auch wir die Feier und fuhren zurück ins Kinderhostel.


Die zweite Hochzeit war genaugenommen noch nicht die „richtige“ Hochzeit, sondern das sogenannte „Engagement“(Verlobung). Bei christlichen Hochzeiten in Indien ist es so, dass zunächst von der Familie der Braut diese Verlobungsfeier ausgerichtet wird, welche für die Brautfamilie den Stellenwert der eigentlichen Hochzeit einnimmt und genauso groß gefeiert wird. Hierbei ist es in vielen Familien Tradition, dass die Brauteltern den engsten Verwandten und Freunden zuvor neue Kleidung für das Engagement kaufen.
Da es sich um die Verlobungsfeier einer unserer Gastschwestern handelte, bekamen auch wir beide mit den Worten „You are our akkas, so you are also family“ Sarees geschenkt, was uns natürlich unglaublich freute!


Da die Hochzeit beziehungsweise Verlobungsfeier ein so wichtiges Ereignis ist und zudem in diesem Fall im Hause der Braut stattfand, waren auch die Vorbereitungen, vor allem im letzten Monat vor dem Engagement, sehr umfangreich. Neben unzähligen Einkäufen und Besorgungen,  dem Aussuchen der Einladungskarten (die übrigens alle per Hand von den Geschwistern der Braut geschrieben und anschließend per Post versendet, jedoch wenn möglich persönlich übergeben werden), sowie zahlreichen Terminen bei Schneider, Blumenhändler und co, wurden außerdem Haus und Hof neu gestrichen, aufgeräumt und verschönert.


Am Vorabend des Engagements gingen wir  zu unserer Gastfamilie nach Hause (i.d.R. übernachten wir hier ja nur montags und dienstags, während wir die restlichen Tage mit den Kindern im Hostel bleiben) und halfen gemeinsam mit Freunden und engen Verwandten, die restlichen Vorbereitungen, wie das Aufbauen der Pavillons, Anbringen von Deko und Luftballons, abzuschließen. Danach gab es noch Abendessen vom Catering Service und wir trugen gemeinsam mit den Cousinen und Freundinnen der Braut gegenseitig Henna auf, bevor es sehr spät zurück ins Kinderheim ging.
Nach drei Stunden Schlaf hieß es dann auch schon wieder Aufstehen und „Aktion Sari-wickeln 2.0“. Glücklicherweise dauerte es dieses Mal nicht ganz so lange und gegen halb neun machte sich das komplette Hostel im VIKASANA Bus  auf nach Tarikere.  
Dort angekommen,  gab es zunächst Frühstück, bevor es weiter in die Kirche ging, wo ein katholischer Gottesdienst, der vom Ablauf her dem in Deutschland stark ähnelte, gefeiert wurde. Auch fand der Ringtausch, der das zukünftige Paar offiziell zu Verlobter und Verlobtem machte, statt.
Im Anschluss ging es zurück zum Haus der Braut, wo das Paar im Rahmen der sogenannten „Reception“ gemeinsam den Hochzeitskuchen anschnitt und sich anschließend auf einer Art Bühne von allen Gästen gratulieren und vom Fotografenteam ablichten ließ. Diese Prozedur kann bei ca 300-500 Gästen dann doch irgendwann ganz schön anstrengend für die beiden werden… Zum Abschluss gab es noch Mittagessen, ebenfalls auf Bananenblättern serviert, sowie Chai und Snacks.


Die eigentliche Hochzeit ist dann Sache der Familie des Bräutigams und wird zwei Wochen nach dem Engagement stattfinden. In der Zeit zwischen Verlobung und Hochzeit  ist es Tradition, dass die Braut sämtliche Verwandte besucht und mit ihnen mindestens eine Mahlzeit einnimmt und teilweise sogar über Nacht bleibt.



Vermutlich stellt sich der ein oder andere Leser nun beim Thema „Hochzeit in Indien“ die Frage, was es denn mit der arrangierte Ehe auf sich hat und ob es sich bei den Hochzeiten, die wir besuchten, jeweils um eine solche handelte? Um es gleich zu sagen - ja, es waren beides arrangierte Ehen. Allerdings muss ganz klar bemerkt werden, dass eine arrangierte Heirat nicht mit einer Zwangsheirat gleichzusetzen ist! Vielmehr entscheidet das Brautpaar hier selbst, ob sie denken, dass sie zusammenpassen und die Ehe eingehen wollen oder nicht. Wir haben uns viel über das Thema mit unseren Gastschwestern unterhalten und möchten versuchen, es an deren Beispiel etwas verständlicher zu machen.


Im Gegensatz zu Deutschland, wo das Individuum den höchsten Stellenwert einnimmt, ist es in Indien so, dass die Familie an erster Stelle kommt.
Das macht auch durchaus Sinn, bedenken wir doch, dass, anders als in Deutschland, wo der Staat für die soziale und finanzielle Absicherung sorgt (Sozial- und Krankenversicherung, Hartz4 etc.), diese Aufgaben in Indien zum größten Teil der Familie obliegen. Da ist die Wahl eines passenden Ehepartners umso wichtiger und durch Abwägung rationaler Gründe eher gewährleistet als durch Leidenschaft, die schnell umschlagen kann. Viele Paare entwickeln im Laufe der Zeit auch Gefühle füreinander.


Der ganze Prozess der „Partnersuche“ bei einer arrangierten Ehe läuft in etwa so ab, dass die Familie der/des Heiratswilligen unter den Verwandten/Bekannten verkündet, dass die Tochter/ der Sohn gerne heiraten möchte und diese sich dann nach passenden, ebenfalls heiratswilligen Partnern umhören. Wenn ein potenzieller Heiratskandidat gefunden wird, kommt es zu mehreren Treffen zwischen den Familien, dem Bräutigam und der Brautfamilie,  dem zukünftigen Brautpaar, sowie zu einer Besichtigung des Hauses des Bräutigams durch die Familie der Braut, da diese im Falle einer Heirat zu ihrem Mann zieht.

Anschließend entscheiden die beiden dann, ob sie heiraten möchten, und wenn dies so ist,  werden Verlobung und Hochzeit organisiert.
Die Verlobungsfeier ist hierbei Sache der Brautfamilie, die tatsächliche Hochzeit wird von der Familie des Bräutigams ausgerichtet.
Im Falle unserer Gastschwester wäre ihre Familie, wenn sie jemanden gehabt hätte, auch mit einer Liebeshochzeit einverstanden gewesen. Zudem lehnte sie eine frühere Hochzeitsanfrage ab, da sie der Meinung war, der Mann würde nicht zu ihr passen.
Mit 26 Jahren ist sie bereits eine verhältnismäßig alte Braut, die meisten Frauen heiraten vor ihrem 25. Lebensjahr, Männer in der Regel bis zu ihrem 30. Rechtlich gesehen dürfen Frauen ab 18, Männer ab 21 Jahren heiraten.
Neben der Möglichkeit seine/-n Zukünftige/-n über Bekannte kennenzulernen, gibt es außerdem diverse Hochzeitsportale im Internet, in denen man sich registrieren lassen kann und mögliche Partnervorschläge erhält.

Wichtig zu erwähnen ist zudem auch, das arrangierte Ehen zwar in Indien weit verbreitet sind, es aber durchaus auch Liebeshochzeiten gibt, wie zum Beispiel bei zwei von VIKASANAs Mitarbeitern, die wir kennenlernten.


So zeigt sich wieder, dass Indien ein Land voller Diversitäten und Unterschiede ist, die man nie verallgemeinernd betrachten darf, sondern immer differenziert und im Kontext um das Land und seine Bewohner wirklich zu verstehen.

Wir hoffen, dass mit diesem Artikel ein kleiner Einblick über dieses doch sehr komplizierte und sensible Thema, das häufig mit vielen Vorurteilen und Klischees belastet ist, geschaffen wurde.


Zu Beginn bekam jeder Gast Armreifen geschenkt

Auch wir beide durften m Brauch des Reiswerfens teilnehmen

Die Marriage hall von draußen...

...und von innen

Eines von vielen Ritualen, ist das Begießen der Hände des Brautpaares mit Milch.
Anschließend wird ein Rupie als Glücksbringer in die Kokosnuss geworfen.


Hier werden die Schals von Braut und Bräutigam miteinander verknotet.
Deswegen lautet ein umgangssprachlicher Ausdruck fürs Heiraten auch "Den Knoten knüpfen"

Braut und Bräutigam hängen sich gegenseitig die Blumenketten um


Die Braut bekam außerdem eine Halskette


Ein Hochzeitskuchen durfte ebenfalls nicht fehlen

Die aufwendigen Hennaverzierungen der Braut




Vor der Marriage hall mit einigen Office-Mitarbeitern und Hostel-Freunden :)


Die Deko auf der Engagementfeier

Ein kleiner Eindruck des mehrgängigen Festessens :)




Dienstag, 1. November 2016

Süßes, sonst gibt´s Saures! Halloween im Hostel

Da wir diesen schaurig schönen Spaß auch dieses Jahr nicht ausfallen lassen und den Kindern vorenthalten wollten, bereiteten wir eine kleine Halloween-Überraschungsparty vor.

Als die Kinder Freitag Nachmittag von der Schule kamen, warteten wir bereits in einem dekorierten Hostel und mit scharzen Schminkstiften gewappnet auf sie und verpassten jedem ein Gruseltattoo im Gesicht. Allein das sorgte schon für eine Menge Spaß und die Kids schienen von den Fledermäusen, Spinnennetzen und Kürbissen sehr begeistert zu sein.

Auch lustige Spiele wie ein Dosenwerfwettbewerb, Stopp- und Improtanz, sowie der obligatorische Bananasong durften nicht fehlen. Die tägliche Snacktime nutzen wir, um Geister-Bananen und Schockobonbons zu servieren. Als es dunkel wurde, erleuchtetn wir den zuvor in einer mühseligen Aushöhl- und Schnitzaktion gestalteten Kürbis, der wohl das unangefochtenen Highlight des Abends war!




Trick or Treat – Halloween at the hostel


Neither we did not want to miss this scary fun nor we did not want to hold it back from the children. So we organized a small Halloween-party at the hostel. When the kids came back from school to the decorated hostel, we were already waiting for them armed with black cosmetic pens. Everybody got a little “scary tattoo” on their face and the children seemed to like the spiders, pumpkins and vampire bats on their cheeks. That was not only a great fun for us, also the children were proud of their new “scary tattoos”. After finishing our small “make-up session” we started with different plays. Furthermore, we prepared “ghost-bananas” as a small Halloween-snack. But the real highlight of that evening was definitely the pumpkin we had caved and carved before and lightened after snacktime!