Diesen Satz
hörten und sagten wir am 15.August sehr oft, fand an jenem Montag doch der 70.
Unabhängigkeitstag in Indien statt. Auch wenn wir uns zur Zeit noch in der
Integration Phase befinden, das heißt, dass wir
verschiedene Projekte von Vikasana kennenlernen und anschließend,
gemeinsam mit den Mentoren, unsere Aufgaben für die kommende Zeit festlegen,
hatten wir das große Glück, an dieser Festlichkeit teilnehmen zu dürfen.
Nun aber zu unserer Wahrnehmung der Feierlichkeiten, die sich sicherlich nicht für ganz Indien verallgemeinern lässt.
Am Vorabend
des Independence Day kamen die Kinder, Lehrer und einige Mitarbeiter im Hostel
zusammen, um gemeinsam diesen bedeutenden Tag zu feiern. Ungefähr
gegen halb elf begannen die Kinder dann ihre bereits Tage im Voraus
einstudierten Reden, Tänzen und Lieder vorzutragen und aufzuführen, bevor dann
um Punkt Mitternacht die indische Flagge feierlich gehisst wurde.
Nach zwei
weiteren Reden des Directors und eines Gastlehrers sowie einem Gruppenfoto
gingen wir dann schließlich ins Bett um uns noch ein bisschen für die
bevorstehende Feierlichkeit in der örtlichen Grundschule auszuruhen, an welcher
wir am nächsten Morgen gemeinsam mit den beiden Lehrerinnen des Hostels und den
jüngeren Kindern teilnahmen. Die Älteren, ebenfalls wie die jüngeren
Schulkinder ganz in weiß gekleidet, feierten den Independence Day in ihrer
jeweiligen Schule.
In der
Primary School angekommen, erwarteten uns nach einem leckeren Frühstück wieder
zahlreiche Reden von Lehrern, welche wir leider aufgrund nicht ausreichender
Kannada-Kenntnisse (wir sind aber schon fleißig am lernen!) kaum verstanden , sowie
Auftritte der Schülerinnen und Schüler, die wir mit großem Interesse
verfolgten.
Anschließend
wurden sehr süße indische Snacks verteilt und wir machten uns auf den Rückweg
zum Hostel, wo erstmal Ausruhen von der kurzen Nacht angesagt war. Auch wir
waren froh uns nach den vielen neuen Eindrücken der letzten Tage ein wenig Ruhe
zu gönnen.
Happy Independence Day!!
We often
heard these words during the 70th Indian Independence Day on 15th
August. We were very happy about the chance to join the celebration.
The Indian
Celebration of its independence from Great Britain is much bigger than, for
example, the celebration of German Reunion after the Cold War on 3rd
October 1990. We think that is a pity, because in our opinion the reunion of a
country is worth to be much more celebrated, too.
But let’s
start with our experience of the day.
First of
all, it is important to say, that we can’t write about this day in general,
because there are many regional varieties. We can just tell about our
experience at the place where we stay.
In the late
evening before the Independence Day, we met all at the Children’s Hostel. The
director, the teachers and some staff-members came to watch the children’s,
since many days practised, dances, songs and speeches.
At midnight
the director raised the Indian flag and we listened to his speech.
After a short
night the celebration continues at the schools. We joined the one at the local primary
school. Again we listened interested to different speeches and songs (It is a
pity that our Kannada knowledge is not good enough to understand everything…But
we keep improving it!). Furthermore, we enjoyed the dances of the pupils.
After
having some sweet snacks, we went back to the Hostel to take a rest from all
the new impressions of the last days.
Hintergrund: Kurzfassung indische Geschichte
Die Indus-Kultur
Die ersten Bewohner des heutigen Indiens waren wohl Nomaden, die im Indus-Tal siedelten und deren Kultur ihre Blütezeit um ca. 1700 v.Chr. erlangte. Es bildeten sich städtische Strukturen heraus, welche die ersten Zentren der späteren Harappa-Hochkultur bildeten. Diese wiederum umfasste bereits bis zu 50.000 Einwohner und trieb Handel mit weiteren Hochkulturen, wie beispielsweise Mesopotamien.
Zu Beginn des 2. Jahrtausends v.Chr. zerfiel die Harappa-Hochkultur, wobei es verschiedene Theorien für die Ursache gibt, wie zum Beispiel eine Trockenperiode oder starke Überflutung. Eine weitere Theorie besagt, dass um ca. 1500 v.Chr. sogenannte „Arier“ (Sanskrit für „adelig“) aus Afghanistan und Zentralasien nach Nordwest-Indien einwanderten und allmählich die Kontrolle übernahmen. Zu dieser Zeit entstanden die Veden, jene heilige Schriften des Hinduismus auf Sanskrit. Zudem etablierte sich das Kastenwesen, wobei Angehörige der arischen Stämme als bevorzugt galten. Allerdings sahen sich die Bewohner mit weiteren Invasionen konfrontiert: Nach der Invasion des Perserkönigs Dareios I. stieß auch Alexander der Große 326 v.Chr. nach Indien vor, trat jedoch im Punjab den Rückzug an, wodurch es hier zu keiner Machtergreifung beziehungsweise -Ausdehnung kam.
Um ca. 500 v.Chr. entstand darüber hinaus
der Buddhismus sowie der Jainismus in Nordindien, dessen Anhänger sich vor
allem aus den unteren Kasten rekrutierten.
Im Jahre 321 v.Chr. kam Chandragupta
Maurya an die Macht, was die Dynastie der Maurya einleitete. Deren Blütezeit
fand unter der Herrschaft Kaiser Ashokas statt, welcher auch Philosophenkönig
genannt wurde. Als Ashoka zum Buddhismus konvertierte und diesen zur
Staatsreligion erklärte, gelangte diese Religion zu ihrem Höhepunkt. Nach
Ashokas Tod 232 v.Chr. zerfiel das Reich
jedoch, da es kaum einer nachfolgenden Macht gelang ein so großes Reich zu
kontrollieren. Heute erinnert die indische Nationalflagge an Kaiser Ashoka, in
deren Mitte sich das Chakra Ashokas, ein Rad mit 24 Speichen, befindet.
Die Ära der Guptas wurde 319 n.Chr. mit
dem Herrschaftsbeginn Chandraguptas I. eingeleitet und erlangte seine größte
Ausdehnung unter Chandragupta II. Kunst, Literatur und Lyrik, Astronomie sowie
Medizinwissenschaften blühten auf und gegen Ende dieser „goldenen Zeit“
dominierte der Hinduismus im Süden des Reiches. Im 6. Jahrhundert n.Chr. fielen
die Hephthaliten ein und die Ära der Guptas neigte sich dem Ende zu.
Während der Süden vorwiegend
hinduistisch ausgerichtet war, siedelten im Norden Indien die ersten Muslime,
hauptsächlich Kaufleute und kleine arabische Gruppen. Auch kam es zu einigen
Invasionen, so zum Beispiel durch Mahmud von Ghazni, der die Machtverhältnisse
stark erschütterte, oder auch Mohammed von Ghur. Einer seiner Generäle wurde in
Delhi Stadthalter, was zum Bau des Qutb-Minar-Komplex führte, wo auch Indiens
erste Moschee errichtet wurde.
Unter der Herrschaft Mohammed bin
Tughluks, der gen Süden vordrang, wurde die Hauptstadt von Delhi nach
Daulatabad für eine Weile verlagert. Allerdings wurde diese Entscheidung bald
wieder rückgängig gemacht, da durch die enorme Massenwanderung von Delhi nach
Daulatabad, zu der Mohammed bin Tughluk die Bevölkerung zwang, der Norden so
gut wie ungeschützt war. Die Herrschaftsära der Tughluks neigte sich dem Ende
zu und Mohammed bin Tughluks Erben regierten nur noch die unmittelbare Umgebung
Delhis, bis zum Ende der Tughluk-Dynastie 1413.
Zur Blütezeit des Mogulreichs umfasste
dies fast den gesamten Subkontinent und zahlreiche prächtige Bauten, wie das
Taj Mahal in Agra, entstanden. König Akbar war vermutlich der Größte Herrscher
der Moguln. Er besaß ein sehr starkes religiöses Interesse und war um die
Integration der Hinduisten in sein Reich bemüht. Die Moguln blieben zwar bis 1857
„Herrscher“, hatten jedoch den größten Teil ihrer Macht eingebüßt.
Die ersten Europäer in Indien waren
Portugiesen, die einen Seeweg nach Osten suchten, um Gewürzhandel zu treiben.
Nachdem der Portugiese Vasco da Gama an der Küste Keralas gelandet war, sicherten
sich die Portugiesen das 100-jährige Monopol, mit Goa als längste verbleibende
europäische Kolonie. Allerdings wurden die Portugiesen später von Franzosen und
Briten vertrieben. 1600 stellte Königin Elisabeth I. der Londoner
Handelsgesellschaft einen Freibrief aus, der ihnen das Monopol des britischen
Handels sicherte. Fortan nahmen die britischen Handelsaktivitäten stark zu.
Zwar griff der lokale indische Machthaber Nawab die Stadt Kalkutta im Jahr 1756
an, jedoch gelang den Briten dessen Rückeroberung und sie sicherten sich die
Kontrolle über Bengalen. Während der Amtszeit des Gouverneurs Warren Hastings
weiteten die Briten ihre Kontrolle aus und schlossen Verträge mit lokalen
Stadthaltern. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts stand Indien faktisch unter der
Kontrolle Britanniens, allerdings gab es viele Staaten, die von eigenen,
unabhängigen Herrschern regiert wurden, deren Gebieten jedoch ein System
zentraler Verwaltung aufgezwungen wurde. Die Briten legten ihren Fokus
hauptsächlich auf den Handel (vor allem mit Tee, Kaffee, landwirtschaftlichen
Produkten und Baumwolle) und das bis heute existierende riesige Schienennetz
wurde errichtet. Darüberhinaus wurde Englisch als Amtssprache eingeführt.
1857 widerfuhr den Briten jedoch ein
Rückschlag. Zu den Hauptursachen des indischen Aufstands zählten zum einen die
Enteignung zahlreicher Herrscher, zum anderen die Einfuhr billiger englischer
Güter, was die Lebensgrundlage vieler Inder zerstörte. Der Auslöser war jedoch
eine neue Art von Gewehren, deren Patronen mit Fett geölt und zum Laden am Ende
abgebissen werden mussten. Unklar hierbei war allerdings, um welche Art von
Fett es sich handelte. Nun sind aber den Hindus Kühe heilig, Muslime erachten
Schweine als unrein. Dies führte dazu, dass sich viele Soldaten weigerten, die
Gewehre zu benutzen. Ein kommandierender Offizier in Meerut befahl
anschließend, jene sich weigernden Soldaten ins Gefängnis zu sperren. Daraufhin
rebellierten die übrigen Soldaten und erschossen ihre Offiziere. Insgesamt
meuterten 47 indische Bataillonen der Bengalen-Armee. Daneben zogen viele
Bauern und Soldaten zum alten Großmoguln nach Delhi, allerdings schlugen die
Briten schließlich den Aufstand nieder.
Zu Beginn des 20. Jahrhunderts nahm der
indische Widerstand stark zu, vor allem Indiens älteste Partei, der Indian
National Congress (INC/ Kongresspartei), strebte nach Unabhängigkeit und
Beteiligung an der Regierung Indiens. Der Versuch 1905 Bengalen zu teilen,
löste Massendemonstrationen aus, viele Hinduisten waren gegen eine solche
Teilung. Auf Seiten der Muslime wurde die Muslimliga (Partei) gegründet, um
zukünftig deren Rechte bei politischen Entscheidungen zu vertreten. Sie hatten
darüber hinaus die Befürchtung, dass ein unabhängiges Indien von der
Hindu-Mehrheit dominiert und die Macht
nicht mit den Muslimen geteilt werden würde. Um ca. 1930 kam es zu
Überlegungen, einen eigenen muslimischen Staat zu gründen.
Sowohl im Ersten Weltkrieg, an dem sich
ungefähr 1 Million Inder beteiligten, als auch beim Massaker an unbewaffneten
indischen Demonstranten in Amritsar am 13.04.1919 ließen sehr viele Menschen
ihr Leben. Angesichts dessen forderte Mohandas Gandhi als neuer Anführer der
Kongresspartei zum Gewaltverzicht auf. Viele Kongressparteianhänger wurden
während des Zweiten Weltkriegs inhaftiert, damit der Krieg nicht behindert
werde.
Als bei den britischen Wahlen von 1945
die Labour Partei siegte, wurde das Ziel, Indien in die Unabhängigkeit zu
entlassen, anerkannt, allerdings gab es keinen konkreten Plan, was mit den zwei
großen Parteien, der Muslimliga und der Kongresspartei, geschehen soll. Während
die Muslimliga für einen separaten, muslimischen Staat waren, drängte der
Kongress auf ein unabhängiges, großes Gesamtindien. Es kam zu zahlreichen
blutigen Auseinandersetzungen zwischen Hindus und Muslimen, sowie einigen
gescheiterten Versuchen der Briten, diese zu stoppen, sodass es schien, die
einzige Lösung sei die Teilung Indiens. Jedoch erwies es sich als äußerst
schwierig, die Trennlinie(n) festzulegen, da die Muslime und Hindus verstreut
und nicht getrennt auf „zwei Seiten“ lebten und es darüber hinaus auch noch
weitere religiöse Minderheiten gab.
Vor allem die beiden überwiegend
muslimisch dominierten Gebiete lagen am jeweils entgegen liegenden Ende des
Landes. Als es am 14. August 1947 zur Gründung Pakistans kam, bestand dieses
deshalb aus zwei Hälften, Ost- und Westpakistan.
Am darauffolgenden Tag, dem 15. August
1947, wurde Indien offiziell in die Unabhängigkeit entlassen. Infolgedessen kam
es zu Massenmigrationen der Menschen, die in die jeweilige Region zogen, in der
ihre Religion (Hinduismus/Islam) dominierte. Außerdem folgten weitere
Massenmorde und blutige Auseinandersetzungen, die teilweise bis heute andauern
(Kaschmir-Konflikt).
Im Jahre 1949 wurde die indische
Verfassung verabschiedet, welche am 26. Januar 1950 in Kraft trat (heutiger
Public Day) und Indien, mit Jawaharlal Nehru als erster Premierminister, zur
größten Demokratie der Erde machte.Nach der Unabhängigkeit
Nach Nehrus Tod folgten zuerst Gulzarilal Nanda, anschließend Lal
Bahadur Shastri und Gulzarilal Nanda. 1966
wurde Indira Gandhi (nicht verwandt mit Mahatma Gandhi!) zur
Ministerpräsidentin gewählt. Nach deren Tod wiederum, wurde ihr Sohn Rajiv in das
Amt gewählt, der jedoch 1991 bei einem Selbstmordanschlag ums Leben kam. Die
Kongresspartei wurde zunehmend unpopulärer und nach der Niederlage bei den
Parlamentswahlen von 2014 kam die BJP (Bharatiya Janata
Party) unter Warendra Modi an die Macht, welcher noch heute
Premierminister ist.
Um Mitternacht am Independence Day im Hostel |
Wir werden für die Feier frisiert |
In der Primary School |
Die Kinder führen Tänze und Lieder vor.. |
...Auch die Kleinsten |
Hallo ihr Lieben!
AntwortenLöschenWow, eine sehr detaillierte Geschichtszusammenfassung!
Liebe Grüße aus Karamadai,
Annalena